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Zeitungsbericht Tagblatt vom 26.10.2022

Seit Anfang Juni wird an der unteren Bahnhofstrasse in Wil gebaut. Bald kann schon mit dem Hochbau begonnen werden. Dennoch gibt es auf der Baustelle direkt am Gleis einige Herausforderungen zu meistern. Ein Rundgang mit dem Projektmanager.

Steht man am Fusse der Unterführung an der unteren Bahnhofstrasse in Wil, hat man den perfekten Blick auf die Baustelle beim Wiler Landhausareal. Von den anderen Seiten versperren nämlich Schutzwände die Sicht. Noch gleicht die Baustelle einem grossen Erdloch und man kann sich kaum vorstellen, was hier in den nächsten vier Jahren entstehen soll.

Einst standen auf dem Areal noch das Haus Steinbock, das Landhaus, die Veloabstellanlage. Nun entstehen an der unteren Bahnhofstrasse 1 bis 11 über 100 Wohnungen und 4300 Quadratmetern Gewerbe- und Büroflächen. Das 70-Millionen-Franken-Projekt ist eines der grössten in der Stadt Wil. Die Überbauung wird zudem 2000-Watt-konform gebaut.

Anfang Juni konnte man mit den Arbeiten starten. Seither habe man diverse Vorarbeiten geleistet, sagt René Spiess, Projektmanager der Immobilienentwicklerin Mettler2Invest AG. Spiess zeigt in die Grube und erklärt, man habe ein Schutzgerüst auf der Seite der Gleise erstellt, mit Bauwänden die Baugrube umschlossen und mit Ankern und Stahlkonstruktionen gesichert sowie die Kanalisation neu verlegt. «Bis jetzt läuft alles nach Plan», so Spiess.

Abstimmung mit angrenzenden Projekten
Der Projektmanager läuft einmal um die Baustelle, in Richtung Hubstrasse. Dort befindet sich die Zufahrt zur Baugrube. Spiess deutet auf die Unterführung Hubstrasse. «Angrenzend an unsere Baustelle werden noch andere Projekte umgesetzt. Dafür braucht es einen engen Austausch», sagt er.

Die SBB bauen nicht nur den Bahnhof um, sondern übernehmen auch die Vorarbeit für den Ersatzneubau der Unterführung Hubstrasse. Ist das erledigt, wird die Unterführung verbreitert und die Strasse abgesenkt. Dieses städtische Projekt wird aber erst nach der Fertigstellung der Überbauung beim Landhausareal realisiert. «Wir müssen unser Projekt so umsetzen, dass es unter den verschiedenen Begebenheiten funktioniert», erklärt Spiess. Ist die Hubstrasse erst einmal abgesenkt, muss zum Beispiel die Garageneinfahrt noch angepasst werden.


Eine komplexe Logistik

Spiess bleibt auf der Einfahrt zur Baustelle stehen. «Das ist die einzige Zufahrt zur Baugrube», erklärt er. Nicht nur das ist herausfordernd. Das Landhausareal ist von den Gleisen und Strassen umschlossen, rund um die Baugrube bleibt kein Platz, um Container oder Maschinen abzustellen. «Alles, was wir brauchen, ist auf dem Grundstück.» Die Logistik sei deswegen komplexer als bei anderen Baustellen. Spiess sagt: «Weil der Platz begrenzt ist, verlängert sich die Bauzeit um ein Jahr.»

Gerade finden am östlichen Ende der Baugrube Aushubarbeiten statt, im Westen sind diese bereits erledigt. Ein grosser Bagger hebt Erdmaterial auf einen Lastwagen. Ein kleinerer verteilt das Material in der Baugrube. Bauarbeiter rufen sich unter dem Dröhnen der Maschinen etwas zu. «Wir sind momentan in einer ziemlich intensiven Phase, um das ganze Material herauszubringen», so Spiess. Anfang 2023 wolle man im Westen mit den Hochbauarbeiten beginnen, etwas später dann im Osten.

Ressourcenschonende Baumaterialien
Vor kurzem wurden Bohrungen für die 250 Meter tiefen Erdsonden abgeschlossen. Jetzt sieht man nur noch schwarze Schläuche, die aus der Erde ragen. Mit der Energie der 18 Sonden wird die Überbauung im Winter gewärmt und im Sommer gekühlt.

Die Erdsonden sind eine Massnahme für die 2000-Watt-konforme Überbauung. Auf den Dächern werden Fotovoltaikanlagen installiert. «Auch bei den Baumaterialien müssen wir auf die CO2-Emissionen achten», so Spiess. Deshalb habe man zum Beispiel den Beton-Anteil reduziert. Das Mobilitätskonzept soll zudem den motorisierten Privatverkehr reduzieren und die Nutzung des öffentlichen Verkehrs fördern.


Gebäude vor der Erschütterung durch Züge schützen

Eine weitere Herausforderung bei der Baustelle ist die Gleisnähe. Einerseits wegen der Sicherheit. «Bis der Rohbau steht, werden uns die Risiken betreffend Personenschutz noch eng begleiten», sagt Spiess. Andererseits müsse man Arbeiten in Gleisnähe, wie etwa die Montage und spätere Demontage des Schutzgerüsts, eng mit den SBB absprechen. «Die Zeitfenster sind sehr begrenzt.»

Die Immissionen durch den rollenden Verkehr haben wiederum Auswirkungen auf den Bau. Spiess erklärt: «Anfangs konnten wir nicht abschätzen, wie sich die Erschütterung auf die Gebäude auswirkt.»

Man habe nun an der Sohle der Baugrube Tests durchgeführt. Unterirdisch wird nun die Seite an den Gleisen isoliert. «Die Schwingungen sollen damit unterbrochen werden.»

Alterswohnungen am Bahnhof
Während die Bauarbeiten beim Landhausareal nach Plan voranschreiten, versucht man, die noch freien Gewerbeflächen zu vermieten. Eine grosse Fläche beansprucht dabei die Thurvita.

Die Altersorganisation plant in der neuen Überbauung das Quartierzentrum City. Dort werden künftig 32 Wohnungen für ein selbstbestimmtes Leben im Alter angeboten, zudem gibt es einen Spitex-Stützpunkt. Zum geplanten Quartierzentrum gehören auch ein Nachbarschaftstreffpunkt, das Angebot «Tagesstruktur» und das öffentliche Restaurant Chez Grand Maman.

In dreieinhalb Jahren dürfte es dann so weit sein. Dann können die ersten Mieterinnen und Mieter ihre Wohnung direkt am Bahnhof beziehen.



Quellen
- Text: TAGBLATT, Ausgabe vom 26.10.22
- Bilder: Arthur Gamsa